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Ratgeber

Wir müssen streiten

Für die Zukunftsfähigkeit und Innovationskraft von Unternehmen ist es essenziell, immer wieder die Auseinandersetzung zu suchen. Ein Gespräch mit Karsten Kühn und Reinhard Sprenger.

Wir müssen streiten

Konflikte und Zukunft

Warum sind Konflikte in Unternehmen wichtig?

Reinhard Sprenger:
Sie sind sogar überlebenswichtig. Konflikte bilden den Nährboden für Fortschritt und Erfolg, in ihnen stecken Energie und Willenskraft. Und sie sind ein Zeichen dafür, dass es gemeinsame Ziele und Interessen gibt.

In vielen Unternehmen ist leider noch nicht angekommen, dass Konflikte nicht gelöst, sondern erhalten werden müssen. Unternehmen leben davon, dass Menschen dieselbe Sache unterschiedlich beleuchten und bewerten. Daraus entstehen Konflikte. Das ist völlig normal und sehr produktiv, wenn der Blick für das Gemeinsame nicht verloren geht – nämlich einen Unterschied für die Kunden zu machen und ihre Bedürfnisse zu erfüllen.

Wann stören Konflikte in Unternehmen?

Reinhard Sprenger:
Wenn nicht vom Kunden aus gedacht wird. Haben die Konfliktparteien nur ihr Egointeresse im Blick, bindet das unnötige Energie. Das passiert vor allem dann, wenn Unternehmen wachsen und Abteilungen eine Binnenlogik entwickeln, die um sich selbst kreist. Statt sich weiter auf die Lösung von Kundenproblemen zu fokussieren, entwickeln sie ein Eigenleben.

Aus der offenen Herangehensweise ‚Wir können es so oder so machen‘ wird dann schnell das typische ‚Es gibt nur diesen einen Weg‘. Den nennt man dann Regel oder Vorschrift. In einem stabilen Markt geht das auch gut.

Doch heute verändern sich Märkte in hohem Tempo. Mit dieser Umgebungsgeschwindigkeit halten viele Organisationen nicht mit, weil sie nicht flexibel genug sind und zu viele Alternativen ausgeschlossen haben. Dann fängt es an zu knirschen. Zur echten Krise kommt es, wenn in so einer Situation keiner im Unternehmen mehr fragt: ‚Was brauchen unsere Kunden?‘.

wir muessen streiten sprenger

Dr. Reinhard K. Sprenger, 68, ist Managementberater, Buchautor und berät HORNBACH seit 2016. Zentrale Themen seiner Arbeit sind Führung, Motivation und Selbstverantwortung.

Wie weit sind wir da bei HORNBACH?

Karsten Kühn:
Wir versuchen, unser Unternehmen konsequent von außen nach innen zu denken und unsere Arbeit an genau dieser Frage auszurichten. Das ist keine Sache des Zeitgeists, sondern essenziell. Und es ist harte Arbeit.

Während der Hochphase der COVID-19-Pandemie haben wir es viele Monate lang geschafft, uns vollkommen auf die Anforderungen unserer Kunden zu fokussieren. Von der ersten Sekunde an haben wir situativ, angemessen, individuell und unabhängig von Prozessen gehandelt. Man könnte es auch hemdsärmlich nennen. Es ist erstaunlich, wie gut das geklappt hat. Jetzt, wo wir glücklicherweise in etwas ruhigere Fahrwasser kommen, habe ich jedoch das Gefühl, wir fallen teilweise in alte Muster zurück.

Ich gebe Ihnen ein Beispiel: An den Vorstand wurde herangetragen, eine einheitliche Regelung zum Homeoffice bei HORNBACH zu treffen. Von uns gab es dazu nur eine Ansage: Bleibt bitte achtsam und vereinbart das miteinander in euren Teams – und zwar so, dass ihr bestmöglich und unter den gegebenen Umständen auf die Kundenbedürfnisse eingehen könnt. Diese Entscheidung wurde von nicht Wenigen als unbefriedigend empfunden, man erwartete Regeln.

Ich finde, das ist ein treffendes Beispiel für Organisation, mit der wir bei HORNBACH natürlich auch zu tun haben. In unseren Märkten hat sich die Frage nach Homeoffice im Übrigen nie gestellt.

Sie sprechen da einen klassischen Konflikt zwischen Zentrale und Operative an. Solche Konflikte sind in Handelsunternehmen ja nicht selten. Wie geht man damit um?

Karsten Kühn:
Das ist ein täglicher Konflikt und auch nichts Schlimmes. Klar ist: Die Märkte sind die Kraftorte von HORNBACH. Dort sind unsere Kunden und dort wird entschieden, was sinnvoll ist. Wenn man das akzeptiert, ergeben sich viele Antworten von selbst.

Selbstverständlich gibt es Fragen, die mal zentral und mal dezentral beantwortet werden. Der Umgang miteinander ist entscheidend. Das Wichtigste an einem Konflikt ist die grundsätzliche Haltung, die Aufgabe des Gegenübers verstehen zu wollen. Wer andere Rollen und Perspektiven respektiert, ist auch in der Lage, Konflikte um die Sache irgendwie hinzubekommen.

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Karsten Kühn, 52, ist seit 2014 im Vorstand der HORNBACH Baumarkt AG und verantwortet die Ressorts Marketing, Marktforschung und Interne Kommunikation, zusätzlich seit Juni 2018 auch die Öffentlichkeitsarbeit, Organisationsentwicklung und Mitarbeiter*Innen.

Aber ist es nicht auch menschlich, einen Konflikt persönlich zu nehmen?

Reinhard Sprenger:
Sachkonflikte lassen sich immer lösen, wenn die unterschiedlichen Parteien die Perspektiven des anderen mit Blick auf die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens anerkennen. Es sei denn, man will sie nicht lösen – weil man Recht haben will, weil man sein Gegenüber nicht leiden kann oder weil einem die Lösungen sowieso nicht gefallen. Dann sind wir in einem Beziehungskonflikt und der bringt niemanden weiter.

Viele Menschen fürchten sich doch aber vor Konflikten, oder?

Reinhard Sprenger:
Die meisten Menschen fürchten nicht Konflikte, sondern die Art und Weise, wie sie ausgetragen werden. Nämlich abwertend und auf persönlicher Ebene. Das ist ein Problem. Denn die Personalisierung struktureller Konflikte führt dazu, dass viele Menschen nicht sehen, wie dringend wir streiten müssen – um den richtigen Weg in eine gemeinsame Zukunft. Einigkeit macht starr.

Wie wichtig sind Konflikte für Innovationen in Unternehmen?

Reinhard Sprenger:
Will ein Unternehmen innovativ, also zukunftsfähig sein, muss es sich vom ‚Es gibt nur diesen einen Weg‘ lösen. Aber damit hat man schlagartig alle zum Gegner, die daraus ihre Existenzberechtigung ziehen. Insofern muss man einfach anerkennen, dass Organisationen strukturell innovationsfeindlich sind. Innovativ zu sein geht also nur, wenn man bereit ist, dafür in den Konflikt zu gehen – mit dem Argument:

Was früher funktioniert hat, mag in Teilen immer noch berechtigt sein; ob das aber so bleibt, ist offen und muss immer wieder neu ausgehandelt werden.

Karsten Kühn:
Ich erlebe oft, dass bei der Herangehensweise nach Erfahrungen aus der Vergangenheit gefragt wird. Doch bezogen auf die Zukunft, finde ich persönlich, sollte man sich davon lösen. Das Einzige, was meines Erachtens zählt, ist der Satz, den Apple-Gründer Steve Jobs einst prägte: ‚Stay hungry, stay foolish‘.

Reinhard Sprenger:
Unternehmen scheitern oft nicht daran, dass sie etwas falsch machen. Sie scheitern daran, dass sie etwas Richtiges zu lange machen. Und sich im Erfolg nicht hinterfragen. Dabei sollten sie jeden Tag darüber streiten: Hängen wir gerade in der Erfolgsfalle und müssen wir uns neu aufstellen?

Sind wir bei HORNBACH denn in der Erfolgsfalle?

Karsten Kühn:
Ich kann jetzt nicht sagen, dass in den vergangenen 20 Jahren vor lauter Erfolg nichts passiert wäre. Beispielsweise haben wir mit großer Konsequenz unsere digitalen mit den stationären Möglichkeiten bei HORNBACH verknüpft. Erfrischend finde ich auch unsere Experimentierfreude mit neuen Marktformaten.

Festhalten lässt sich aber auch: Viele der mutigeren Veränderungsschritte fallen einem eben doch erst ein, wenn die Not größer ist. Bei guten Zahlen, wie wir sie im vergangenen Geschäftsjahr hatten, denkt ja niemand an Veränderung. Wir beschäftigen uns aber durchaus intensiv damit, ob wir beweglich genug sind und eben nicht so durchorganisiert, dass wir die veränderten Kundenwünsche mitbekommen.

Wir müssen uns immer wieder fragen: Wer oder was könnte das Kundenbedürfnis nach einem schönen Zuhause besser erfüllen als HORNBACH? Um das ehrlich zu beantworten, müssen wir Distanz gewinnen und uns von der aktuellen Form des Unternehmens, seinen Denkweisen und seinen Strukturen unabhängig machen. Das wiederum ist in großen Organisationen schwer. Ich halte es aber nicht für unmöglich. Was dabei sicherlich nicht hilft, sind Ressorteinteilungen mit festgefahrenen Aufgabenverteilungen und Hierarchien.

Sollten wir bei HORNBACH eine Streitkultur etablieren?

Karsten Kühn:
Ich halte nichts davon, so etwas von oben nach unten vorzugeben. Ich weiß nur eines: Es wäre wünschenswert, wenn wir uns nicht vor Konflikten scheuten. Persönlich empfinde ich jedes Meeting grauenhaft, bei dem wir so tun, als wäre alles super und wir hätten uns alle lieb.

Sich offen gegenüberzutreten zeugt von gegenseitigem Vertrauen.

Wir haben Kolleginnen und Kollegen bei HORNBACH gefragt, wie Konflikt und Innovation für sie zusammenpassen. Das sind ihre Antworten.

wir muessen streiten tannenhauer
Innovation braucht zunächst Mut und Unterstützung. Nur dann traue ich mich hinein in das Unbekannte. Es stimmt aber auch, dass ein kontroverser und sachlicher Diskurs einen immer weiterbringt – etwa durch Impulse oder auch Aspekte, die man vielleicht nicht gesehen hat. Das Spannungsverhältnis zwischen Zuspruch und Auseinandersetzung lässt Innovationen reifen.

Katja Tannenhauer,
Merchandising, Projektleiterin Innovationsforschung

wir muessen streiten huehnerfauth
Konflikte sind für mich per se nichts Negatives, im Gegenteil, sie erzeugen Reibung und sind wichtig, um Sichtweisen und Meinungen abzuwägen. Dass wirklich alle einer Meinung sind, gibt es bei großen und bedeutenden Themen nie. Und wenn es so sein sollte, dann nur, weil man einer Anweisung von oben folgt oder sich nicht ernsthaft mit dem Thema beschäftigt. Für Innovationen ist jedoch wichtig, dass sich jeder voll einbringt. Das große Ziel muss klar sein,der Weg kann aber unterschiedlich sein. Und mit den Details muss man sich dann ehrlich auseinandersetzen. Sonst entstehen Missverständnisse und die Innovation gerät ins Stocken.

Christian Hünerfauth,
Neue Geschäftsmodelle

wir muessen streiten schaechter
Innovation verlangt konstruktive Reibung und gegenseitigen Perspektivwechsel. Wenn ich nicht stur auf meinem Standpunkt verharre, sondern stattdessen versuche, die Position meines Gegenübers nachzuvollziehen, kann ich verstehen, was ihn antreibt. Nur so lassen sich gute, innovative Lösungen finden. Im nächsten Schritt ist es dann aber wichtig, einen Raum zu haben, in dem man Neues ausprobieren kann, ohne dass jemand ‘reinfunkt’.

Christina Schächter,
Personal und Organisation, Führungskräfteentwicklung

wir muessen streiten sommer
Ideen Raum zu geben und ihnen Taten folgen zu lassen, darum geht es für mich bei Innovationen. Das hat etwas Gestalterisches und nach vorne Gerichtetes. Es bringt uns nicht weiter, aus Angst vor Veränderung am Ist-Zustand festzuhalten. Wir aus der Forschung fühlen uns verpflichtet, möglichst viele Menschen zu begeistern und gemeinsam Ideen umzusetzen. Denn: Zukunft ist doch etwas richtig Schönes.

Elmar Sommer,
Technologie, Leiter Analyse & Forschung

wir muessen streiten sottmeier
Mit Harmonie und gleichem Denken fühlen wir uns zwar wohl, aber es bewegt sich nichts. Streiten bedeutet, sich im Diskurs mit verschiedenen Standpunkten auseinanderzusetzen. Es geht mir nicht um Streit im Sinne von unschöner Wortwahl, persönlichen Angriffen oder Unsachlichkeit. Mir geht es um konstruktives Streiten. Es zeugt von gegenseitigem Vertrauen, sich offen gegenüberzutreten – ohne Angst vor persönlichen Konsequenzen, wenn man anderer Meinung ist. Das ist für mich eine Basis für Zukunftsfähigkeit im Team und im Unternehmen.

Katja Sottmeier,
Marketing, Leiterin Digital,CRM, Media & Analytics

SECHS THESEN ÜBER KONFLIKTE

  1. Konflikte sind die Regel, Harmonie ist die Ausnahme.
  2. Konflikte lassen sich nicht lösen, nur besser handhaben.
  3. Man muss etwas Gemeinsames haben, um etwas als trennend zu erleben.
  4. Ein Konflikt ist eine Situation unterschiedlicher Erwartungen, die negativ erlebt wird.
  5. Alle Konflikte sind Eigenwert-Konflikte. Es gibt keine Sachkonflikte, sondern nur Beziehungskonflikte.
  6. Jedes Ding hat mehrere Seiten. Mehrdeutigkeit ist das Wesen der Welt.

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