Jetzt oder nie: Benedikt baut sich ein Surfbrett

Jetzt oder nie: Benedikt baut sich ein Surfbrett

Surfen ist kein Sport, Surfen ist ein Lebensgefühl. Wer es ernst damit meint, baut sein Surfbrett selbst – findet unser Autor. Und geht zum Boardbau-Kurs.

Es ist Freitagmorgen, 9 Uhr, und ich finde mich mit vier anderen erwartungsvoll am Treffpunkt ein. Paul Reisberg, gelernter Bootsbauer, tingelt seit mehreren Jahren durch Europa und bietet Boardbau-Workshops an. Diesmal in Berlin-Friedrichshain.

Ein kurzes Hallo von Paul. Keine Willkommensreden, nichts zum Ablauf, keine Vorstellungsrunde. Ich bekomme meinen Rockertable zugewiesen, eine höhenverstellbare Werkbank speziell zur Fertigung von Surfbrettern. „Das ist kein Event, sondern harte Handarbeit“, sagt Paul. Und meint das auch so. Wer zu viel Zeit verliert, wird nicht fertig. Also los.

Das ist kein Event, sondern harte Handarbeit!“

Paul Reisberg

1. Gar nicht so hohl: Die Bauweise

Anders als ein klassisches Surfboard, das einen Hartschaumkern hat, ist ein Holzboard hohl und hat ein Gerippe aus sogenannten Spanten. Kennt man aus dem Modellbau. Die Spanten hat Paul bereits vorgesägt mitgebracht, was noch fehlt, sind die Aussparungen für die Steckplätze. Also ist erstmal Sägen angesagt. Und Millimeterarbeit. Um Material und somit auch Gewicht zu sparen, werden alle Einzelteile mit Löchern gespickt und dann zusammengesteckt.

Um Gewicht zu sparen, werden Löcher in die Spanten gebohrt + Zusammenstecken des Spantengerippes

2. Gut gedeckelt. Mit Paulownia-Holz

Danach suche ich mir für Ober- und Unterdeck zwei Holzplanken aus Paulownia-Holz aus. „Das zieht – anders als Balsaholz – beim kleinsten Kratzer nicht sofort Wasser, ist aber genauso leicht“, weiß Paul. Ich zeichne mittels Papierschablone die Form an und säge sie grob aus. Etwas Überstand wird gebraucht, um das Holz gleich im Rockertable einspannen zu können.

Dann geht es los mit dem Unterdeck. Das Spantengerippe wird auf dem Rockertable in die richtige Position gebracht. Ist alles vorbereitet, wird das Unterdeck aufgelegt, mit PU-Leim verklebt und in den Rockertable eingespannt. Der Leim ist nur etwa fünf Minuten lang gut zu verarbeiten – es sind also schnelle Finger angesagt, oder Teamwork.

Anzeichnen der groben Form auf Paulownia Planken + Positionierung des Spantengerippes auf dem Unterdeck

3. Rails, Nose und Tail

Weiter geht’s mit den Außenkanten, den Rails. Fünf bis sechs lange dünne Paulownia-Leisten werden über die gesamte Boardlänge verklebt. Durch Nut und Feder schmiegen sie sich passgenau über die Querspanten. Sobald der Leim ausgehärtet ist, werden sie exakt bis auf Spantenhöhe runtergehobelt. Die Rails sind fertig. Fehlen nur noch Nose (Bug) und Tail (Heck). Die werden aus dem Verschnitt von Unter- und Oberdeck angefertigt.

Verkleben der Paulownialeisten an den Außenkanten des Surfboards + Anpassung und Verstärkung des Tails mit Vollholz

4. Zusammen, was zusammengehört: Die Hochzeit

An den Stellen, wo sich später die Finne – das ist die Flosse, die die Richtungsstabilität gibt – und die Leash, die Verbindungsleine zwischen Board und Surfer, befinden, werden Hartschaumblöcke verklebt. Dann, endlich, kommt die sogenannte Hochzeit: Die Verbindung von Unter- mit Oberdeck. Unabdingbare Hilfsmittel: Die Einspannvorrichtung des Rockertables, jede Menge PU-Leim, unzählige Klemmen und ein paar Stunden Zeit zum Aushärten.

Verkleben der Hartschaumblöcke für Finnenkasten und Leashplug + Ober und Unterdeck werden miteinander verklebt: die Hochzeit

5. Hobeln, schleifen, shapen

Überstehende Kanten können jetzt ringsherum weggesägt werden. Langsam ist die Surfbrettform zu erkennen. Aber alles noch zu kantig. Also wird gehobelt. Vor allem an den Rails. Danach heißt es Schleifen, Schleifen, Schleifen. Die Rundungen der Rails werden herausgearbeitet, und das Unterwasserschiff bekommt den letzten Feinschliff. Beim Shapen kommt es nicht nur auf kräftige Arme an, sondern auch auf Konzentration und ein gutes Auge. Die Form muss stimmen. Sonst stimmt am Ende das Fahrverhalten nicht.

Beim Surfbrett bauen aus Holz machen die Rails die meiste Arbeit + Das Unterwasserschiff wird mit dem Schleifklotz herausgeformt

6. Land in Sicht

Die letzte Etappe des Workshops: Das Anzeichnen und Ausfräsen der Löcher für den Finnenkasten, den Leashplug und das Entlüftungsventil. Wie man das Board mit Glasfasergewebe laminiert, wird von Paul nur erklärt und von den Workshop-Teilnehmern dann zu Hause erledigt, da die Zeit zum Aushärten des Harzes nicht ausreicht.

Ausfräsen der Aussparung zur Aufnahme des Finnenkastens + Das fertige Surfboard vor einer türkisfarbenen Hauswand

Am Sonntagabend sind meine Hände verklebt mit Leim, Bart und Haare voller Sägespäne, und der Boden ist über und über mit Holzlocken bedeckt – aber meine Augen leuchten. Das Board ist fertig. Und einfach wunderschön.

Text: Benedikt Auer | Fotos: Jan Kraus

Bock auf Board?

Alle Infos und Termine zu Paul Reisbergs Boardbau-Workshops unter arbosurfboards.blogspot.co.uk

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